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Sport - Zwischen Unterwerfung und Emanzipation Ausgabe Nr. 28, 02. April 2013

Sport - Zwischen Unterwerfung und Emanzipation

Profisport. Freizeitsport. Breitensport. Leichtathletik. Ski fahren. Tischtennis. Sport ist Mord. Sportschau gucken. Männersport. Rad fahren. Badminton. Extremsport. Sportskanone. Unsportlich. Sporthalle. Sportgeschäft. – Sport ist, wie diese kurze Aufzählung zeigt, vor allem sehr vielschichtig und unübersichtlich, eine klare Bestimmung dessen, was ihn ausmacht, ist schwer zu treffen. Ausbruch aus oder Bestätigung der bestehenden Unterdrückung? In jedem Falle ist Sport ein Spiegel der jeweiligen Verhältnisse, in denen er stattfindet. Wir versuchen in dieser Ausgabe, zumindest einige seiner Aspekte näher zu beleuchten.

In diesem Schwerpunkt stellen wir drei (Auto)Biografien und drei wissenschaftliche Beiträge vor, die sich dem breiten Themenfeld aus unterschiedlichen Perspektiven nähern. Die Autobiografie „Mir wird nichts geschenkt“ von Susi Kentikian, der mehrfachen Profi-Boxweltmeisterin, bewertet die Rezensentin Cora Schmechel als gute Möglichkeit, sich mit der Verwobenheit deutscher Asylpolitik, Geschlecht und Sport auseinanderzusetzen, wenn die Lesenden bereit sind, mit einer gewissen Abstraktionsleistung an die Lektüre zu gehen. Die Rezension „Deutscher Faustkampf“ beschäftigt sich ebenfalls mit dem Boxsport. Bente Gießelmann kommt darin zu dem Schluss, dass es sich bei der Doppelbiografie des Sinto und Boxers Johann Trollmann und des SS-Manns und Fußballers Otto Harder um ein wichtiges Buch handelt, da es eine Geschichte der Verfolgung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus erzählt. Mit „Die Brüder Boateng – Drei deutsche Karrieren“ bespricht Moritz Merten eine dritte Sportbiografie. Wie schon Cora Schmechel in ihrer Besprechung zur Boxweltmeisterin Kentikian, hebt auch Merten kritisch auf die dort romantisierte Erfolgsgeschichte und liberale Lüge des „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ ab. Neben dem Buch über die Boateng-Brüder steht ein weiteres Fußball-Buch im Mittelpunkt. Im Sammelband „Fussball, deine Fans: Ein Jahrhundert deutscher Fankultur“ geht es allerdings nicht in erster Linie um die Sportler_innen, sondern um ihre Fans. Der Rezensent Jan Tölva sieht das Ziel des Buchs, eine umfassende Darstellung deutscher Fankultur zu leisten, als gescheitert an. Martin Brandt kritisiert in seiner Rezension „Sport und Feminismus“ der Sport-Ausgabe der Feministischen Studien die feministische Vereinseitigung von Sport als Körperdisziplinierung. Schließlich lobt Laura Janßen die bereits 1989 erstveröffentlichte Dissertation „Zwischen Turnschuh und Stöckelschuh“ als einen wenn auch nicht widerspruchsfreien, so doch wichtigen Beitrag zur lesbisch-feministischen Sportgeschichtsschreibung.

An unsere letzte Ausgabe erinnert in den weiteren Rezensionen das Thema des neu erschienenen Sammelbands „Banale Kämpfe? Perspektiven auf Populärkultur und Geschlecht“. In „Geschlecht in Pop revisited“ hebt peps perdu deren gelungene intersektionale Analysen hervor. Auch die Besprechung von Toni und Slade Morrisons „Die Kinderkiste“ knüpft an das Thema einer vergangenen kritisch-lesen-Ausgabe an: Die Rezensentinnen betrachten das Kinderbuch der Pulitzer-Preisträgerin und ihres Sohnes durch die Anti-Bias-Lupe. Ein von Sibille Merz rezensierter Sammelband des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung nimmt diskursive Verschiebungen in der Artikulation von Rassismen in den Blick. Sebastian Friedrich stellt abschließend einen Band zum Verhältnis von politischer Bildung und Befreiung vor, das erfreulicherweise den Faden zu einem traditionell linken Auseinandersetzungsfeld wieder aufnimmt.

Vor fast genau zwei Jahren am 31.03.2011 startete das Projekt kritisch-lesen.de. 27 Ausgaben später gibt es uns immer noch – auch dank der Unterstützung durch unseren Autor_innen- und Sympathisant_innenkreis sowie durch andere vernetzungsfreudige Medienmacher_innen. Zwei Neuigkeiten wollen wir euch zum Jubiläum mitteilen: Wir freuen uns, dass seit Januar 2013 Sara Madjlessi-Roudi und Martin Brandt Teil der Redaktion sind. Außerdem wird ab sofort kritisch-lesen nur noch vierteljährlich statt bisher monatlich erscheinen – wundert euch also nicht, wenn ihr im Mai und Juni nichts von uns hört. Die nächste Ausgabe wird am 2.7. erscheinen und sich mit Neoliberalismus und seinen Einflüssen auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche beschäftigen. Der neue Rhythmus ermöglicht uns, die jeweiligen Schwerpunkte intensiver und zufriedenstellender vorzubereiten. Auch möchten wir in Zukunft aus repräsentationstechnischen Gründen verstärkt weibliche Autor_innen dazu ermutigen, bei uns Rezensionen einzureichen.

Und nun viel Spaß beim kritischen Lesen!

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