Rechte Anwälte des „Volkes“
- Buchautor_innen
- Alexander Häusler (Hg.)
- Buchtitel
- Rechtspopulismus als "Bürgerbewegung"
- Buchuntertitel
- Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien
Die rechte Pro-Bewegung arbeitet mit der Instrumentalisierung von Schwarz-Weiß-Bildern des Politischen. Dabei werden komplexe Probleme in einfache, einprägsame Slogans transformiert.
Im Gegensatz zu alteingesessenen Parteien wie die NPD, DVU oder Die Republikaner gelang der rechten Bürgerbewegung Pro Köln bei den Kommunalwahlen 2004 in Köln ein unerwarteter Wahlerfolg von 4,7 % der Stimmen. Ein groß angekündigter „Anti-Islamisierungskongress“ auf dem Kölner Heumarkt im September 2008 entwickelte sich dank eines breiten antifaschistischen Engagements zu einer politischen Farce. Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 30. August 2009 erzielte Pro Köln mit 5,36 % der Stimmen einen Achtungserfolg. Mit einem antimuslimischer Rechtspopulismus feierte die Bürgerbewegung Pro Köln mit lokalen Kampagnen gegen einen geplanten Moscheebau in Köln-Ehrenfeld erste kommunalpolitische Erfolge. Dieses Modell soll nun sowohl landesweit (Bürgerbewegung Pro NRW) als auch bundesweit (Bürgerbewegung Pro Deutschland) ausgebaut werden. Die Bürgerbewegung Pro NRW erreichte bei den Kommunalwahlen landesweit 46 Mandate in den Kreistagen, Stadträten und Bezirksvertretungen. Bei der Landtagswahl 2010 in Nordrhein-Westfalen erreichte Pro NRW lediglich 1,4% der Stimmen. In ihren Schwerpunkten im Rheinland rund um Köln sowie in den großen Ruhrgebietsstädten holte Pro NRW jedoch mehr als 3% der Stimmen.
Unter dem Titel „Rechtspopulismus als ‚Bürgerbewegung’. Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien“ erschien im Sommer 2008 ein von Alexander Häusler herausgegebener Sammelband, der den Versuch startet, „dieses Partei- und Kampagnenmodell im Kontext der Debatten um Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Islamfeindlichkeit detailliert zu beschreiben und systematisch wie phänomenologisch einzuordnen.“ (S. 12) Dies geschieht in vier analytischen Schwerpunktbereichen. Im ersten Teil wird der Begriff des Rechtspopulismus in den Beiträgen von Karin Priester und Alexander Häusler unter Heranziehung jüngster Forschungsergebnisse der Rechtspopulismusforschung näher untersucht. Diese beiden Darstellungen gehen jedoch nicht auf die Tatsache ein, dass Populismus als Politik und Regierungsstil in westeuropäischen Parteiendemokratien weit verbreitet ist.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Organisation sowie Agitation der Pro-Bewegung und dem Verhältnis zu anderen extrem rechten Organisationen in der BRD. Angesichts der Tatsache, dass die Bürgerbewegung Pro Köln bei den Kommunalwahlen 2004 ca. 10% der Stimmen von ErstwählerInnen bekam, ist der Beitrag von Hans Peter Killguss und Jan Schedler zur Jugendarbeit von Pro Köln und Pro NRW aufgrund der inhaltlichen Analyse der Schülerzeitung Objektiv erwähnenswert.
Im dritten Teil werden die rechtspopulistischen Kampagnen in den Zusammenhang von Konfrontationen um Islam und Moscheebau in der BRD gestellt. Unter den qualifizierten Beiträgen ist der Aufsatz von Kemal Bozay über die Auseinandersetzung um den geplanten Moscheebau in Köln- Ehrenfeld besonders aufschlussreich. Bozay arbeitet eine „Ethnisierung des Sozialen“ heraus und deutet dies als Ausgrenzungsprozess, der in der Gesellschaft Minderheiten herstellt, sie negativ beschreibt und dadurch Privilegien der herrschenden Mehrheitsgesellschaft festigt.
Im vierten Teil werden verschiedene Maßnahmen und Gegenstrategien zu den antimuslimischen Kampagnen in den Kommunen diskutiert. Diese Beiträge bieten eine kompetente Orientierung für die Praxis.. Eine Darstellung aus internationaler Perspektive wie z.B. Österreich, Niederlande, Belgien oder der Schweiz, wo rechtspopulistische Parteien in den letzten Jahren Wahlerfolge feierten, wäre wünschenswert, da die Pro-Bewegung vor allem von der österreichischen FPÖ und dem belgischen Vlaams Belang Strategieelemente und Argumentationsweisen übernahm. Es wird die Präventivwirkung einer zivilgesellschaftlichen demokratischen Kultur durch Förderung von lokalen Bündnissen gegen Rechts vorgestellt. Weiterhin geht es darum, dass in parlamentarischen Gremien die demokratischen Parteien gemeinsame Strategien entwickeln müssen, um ein einheitliches Vorgehen gegen Pro Köln zu ermöglichen.
Insgesamt gesehen bietet der Sammelband einen ersten Einstieg in die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bürgerbewegung Pro Köln und ihren landesweiten (Bürgerbewegung Pro NRW) und bundesweiten (Bürgerbewegung Pro Deutschland) Ausdehnungen. Vor allem die aufgezeigten Handlungsstrategien gegen die Pro-Bewegung in den Kommunen verdient Beachtung. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine intensivere Auseinandersetzung vor allem mit der Bürgerbewegung Pro Köln erforderlich ist. Neben der antimuslimischen Agitation schafften es Pro Köln und Pro NRW besonders mit den Themenbereichen Innere Sicherheit, Korruption, „Bürgernähe“ und „Abwehr des Multikulturalismus“ bei den Kommunal- und Landtagswahlen zu punkten. Selbst im Frühjahr 2011 bietet der Sammelband eine grundlegende Einführung in die Entwicklung und Strategie der Bürgerbewegung Pro Köln. Dagegen sind die kurzen Darstellungen über die Bürgerbewegung Pro NRW und die Bürgerbewegung Pro Deutschland (logischerweise) nicht mehr auf dem aktuellen Stand.
Rechtspopulismus als "Bürgerbewegung". Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien.
Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
ISBN: 978-3-531-15919-5.
292 Seiten. 29,95 Euro.