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Inseln des Überlebens

Cover Kein Land in Sicht - Chris Grodotzki
Buchautor_innen
Chris Grodotzki
Buchtitel
Kein Land in Sicht
Buchuntertitel
Zehn Jahre zivile Seenotrettung im Mittelmeer

Wir lesen Bücher nicht nur kritisch, wir diskutieren sie auch gemeinsam: Johanna Bröse spricht mit dem Autor, Fotograf und Aktivist Chris Grodotzki über Inseln, Schiffe und konkrete Solidarität auf dem Mittelmeer.

Danke, dass du dir Zeit für das Gespräch genommen hast. Ich habe dein Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen, und mir dabei immer wieder gedacht: Warte mal, das passt doch irgendwie auch zu unserem Schwerpunkt…Daher, zum Einstieg: Der Blick vom Rettungsschiff auf Inseln im Meer – wie sieht der aus?

Inseln sind Dreh- und Angelpunkt der zivilen Seenotrettung. Malta und Lampedusa etwa waren, beziehungsweise sind, Operationsbasen und sichere Häfen, in denen Überlebende angelandet werden. Gleichzeitig sind sie auch die Orte, an denen um eben diese Zugänge gekämpft werden musste, wo Flugzeuge und Schiffe festgesetzt und festgehalten wurden. Dementsprechend haben viele Aktivist:innen der zivilen Seenotrettung auch ein gespaltenes Verhältnis zu den Inseln (lacht). Nein, eigentlich mögen wir die Orte, aber wir begegnen ihnen auch immer wieder mit Vorsicht. Vielleicht ist der Kern der Sache, dass Inseln Orte sind, an denen Gegensätze aufeinander krachen. Auf diesen kleinen trockenen Felsen im weiten Ozean spitzen sich generelle Widersprüche oft noch weiter zu, etwa der von Freiheit und Unfreiheit. Inseln waren und sind auf der einen Seite Sehnsuchtsorte, Orte auch großer Freiheit, Orte von Seefahrt und Migration über Jahrhunderte hinweg, Orte der Bewegung. Und auf der anderen Seite sind sie wahnsinnig provinziell, da die Insel ihre Bewohner:innen auch festsetzt, sich diese ja nicht so einfach wegbewegen können.

Im Buch zeichne ich nach, wie sich auf Lampedusa dieser Widerspruch zwischen Bewegung und der Stagnation zuspitzt – oder besser, wie er von Seiten des Staates zugespitzt wird. Es gibt da diese wunderschönen Beschreibungen im Buch „Crimes of Peace“ von Maurizio Albahari, das er schon vor über zehn Jahren über die Mittelmeerkrise geschrieben hat. Darin erzählt er, wie er in der Bar dell’Amicizia, also in der Bar der Freundschaft, auf Lampedusa mit Locals zusammen saß. Die erzählten dann nostalgisch davon, dass – bis zum Zeitpunkt, als der Staat kam, ein Auffanglager errichtete und diese Migrationsroute kurzerhand zu einer Krise deklarierte – Menschen einfach auf der Insel angelandet sind: Sie kamen in diese Bar hereingeschlappt und erkundigten sich, wie sie Richtung Festland weiterkommen – oder genauer in Richtung Sizilien, was ja im Übrigen auch eine Insel ist. Heute ist Lampedusa vor allem Sinnbild und Hotspot dieser sogenannten Flüchtlingskrise, die ja eigentlich eine Grenzkrise Europas, eine Krise unserer Integrationsfähigkeit ist. Aber es gibt dort auch immer noch die Bewohner:innen, die ganz aktiv Seenotrettung betreiben, von der Küstenwache hin zu Locals mit ihren Booten. Oder die Kirchengemeinden und lokalen Aktivist:innen, die seit Jahrzehnten inmitten dieser Krisenerzählungen ganz wunderbare Solidaritätsarbeit auf der Insel leisten; Gastronom:innen, die ihre Vorräte zur Verfügung stellen, um die ankommenden, wartenden Leute zu verpflegen; Menschen, die immer da sind, wenn sich die Krise am meisten zuspitzt.

Und dann der Gegensatz, wenn die ganze Insel plötzlich voll ist mit Militär und Polizei – und Giorgia Meloni und Ursula von der Leyen persönlich angereist kommen, um sich ein Bild von ihrer Krise zu machen. Eine Krise, die da gerade produziert wird: Indem man die Leute nicht einfach mit der Fähre frei weiterreisen lässt, sondern da erstmal aufhält und ein Nadelöhr schafft. So tragen Inseln immer eine ziemlich große Ambiguität für die Seenotrettung, und für die Migration.

Man kann dann weiter in dem Bild bleiben und noch über die Rettungsinseln reden, die wir teilweise ausbringen. Sie sind auf der einen Seite tatsächlich die letzte Rettung für die Menschen – und gleichzeitig ein symbolischer Extremmoment dieses menschen- und politikgemachten Ausnahmezustands. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn Menschen tatsächlich schon im Wasser gelandet sind und auf diese schwimmenden aufblasbaren kleinen orangenen Plastikinseln in relative Sicherheit gebracht werden müssen. Auf unsere Schiffe, auch letztlich wieder Inseln des Überlebens, die da vor Libyen auf und ab treiben – und dort auf die Bohrinseln der libyschen Ölfelder treffen. Sie werden Migrantinnen und Migranten auf den Schlauchbooten immer wieder als die Lichter des nahen Italiens verkauft, auf die sie nur zuhalten müssten. Wenn sie da ankommen, merken sie: das sind Ölfackeln. Diese großen Fackeln, die ja auch nicht unbeteiligt sind an der Produktion von Klima-Flüchtenden, verleihen diesem ganzen Drama auf dem Meer eine schaurige, mordorhafte Kulisse.

Weil wir hier bei kritisch-lesen sind, möchte ich gleich noch eine Buchempfehlung zu dem Thema anfügen: „The Invention of Sicily“ von Jamie Mackay aus dem Verso-Verlag. Da geht es um Sizilien als Insel – und als Zentrum einer Welt. Heute wird das Mittelmeer oft als eine Trennlinie zwischen Nord und Süd betrachtet, während historisch gesehen Sizilien eigentlich das Zentrum einer seefahrenden Welt war, die sich rund um das Mittelmeer herum erstreckte. Wo sich von Griechen über Araberinnen, über Römerinnen bis zu den Normannen, alle antiken Gesellschaften früher oder später getroffen haben und eine vor allem für Europa enorm bedeutsame kulturelle Gemengelage und akademische Wissensproduktion stattfand. Heute ist Sizilien punktuell zwar ein Urlaubsort, aber ansonsten eine wirtschaftlich relativ abgehängte Gegend der europäischen Peripherie.

Dein Buch zeichnet die Geschichte ziviler Seenotrettung, allen voran die Geschichte von Sea-Watch, sehr kenntnisreich, informativ und solidarisch nach. Gleichzeitig gibt es auch sehr starke Passagen im Buch, in denen du dich kritisch mit den Möglichkeiten, Ausrichtungen und Grenzen der Seenotrettung auseinandersetzt. Mit welchen hast du am stärksten gekämpft – oder tust es immer noch?

Ich setze mich in meinem achten Kapitel ausgiebig damit auseinander, wie Institutionalisierung, beziehungsweise NGO-isierung einem Konzept von gegenseitiger Hilfe, auch von linker Solidarität, in einem gewissen Maße gegenübersteht. Das ist auf jeden Fall eine Grenze oder vielleicht eher eine Einhegung dessen, was ich als (sozialen) Bewegungsaspekt der Seenotrettung begreife. Damit habe ich immer wieder sehr gekämpft. Gleichzeitig waren diese Entwicklungen auch immer wieder ein Beweggrund zur Auseinandersetzung, zu internen Diskussionen innerhalb der Seenotrettung. Das hat einen guten Teil dazu beigetragen, dass mein Buch entstand: Neben den ganzen unterhaltsamen Geschichten aus den ersten Jahren, die auch irgendwie alle mal aufgeschrieben werden wollten, eine Bewegungsgeschichte zu schreiben, die sich auch kritisch mit Formen und Mechanismen der Institutionalisierung im humanitären Bereich und im Bereich von gemeinnützigen Vereinen auseinandersetzt. Um es anderen Aktivistinnen und Aktivisten, kommenden Bewegungen mit an die Hand zu geben. Damit die für ein paar Fallstricke gewappnet sind, oder wenigstens über diese schon einmal etwas gelesen haben.

Zum Beispiel?

Ein ganz konkretes Dilemma: Sea-Watch war von Anfang an auch der Versuch, Widerstand gegen die Grenzpolitik im Mittelmeerraum zu leisten, gegen den Ausnahmezustand, der dort von den Staaten durchgesetzt wird. Gleichzeitig arbeiten wir, als gemeinnützige Vereine und quasi-Reedereien, durch die maximal regulierte Form von Schifffahrt in der heutigen Welt, sehr nah am Staat, am Grenzregime und an diesem Migrationsmanagement. Man arbeitet mit verschiedenen Küstenwachen zusammen. Man unterwirft sich in diesem Setting allen möglichen Zwängen und Kontrollen und Zugriffsmöglichkeiten des Staates. Halbwegs bekannt sind ja beispielsweise diese Hafenstaatskontrollen. Die sollen eigentlich Schiffssicherheit gewährleisten, werden aber von Italien willkürlich eingesetzt, um Rettungsschiffe aufgrund absurder, teils frei erfundener Mängel festzusetzen. Aber auch unabhängig von staatlicher Willkür: Was Fluchthilfe angeht, kommt man in diesem Europa sehr schnell an die Grenzen dessen, was man gerne tun würde – weil es politisch geboten wäre – und was man operationell eben tun kann… also, ohne in Nullkommanichts mindestens das Schiff beschlagnahmt zu haben, wenn nicht gar als ganze Organisation nach §129 verfolgt zu werden (lacht).

Warum gibt es derzeit wieder ein gesteigertes Interesse an der Seenotrettung – oder stimmt mein Eindruck nicht? Wie ordnest du das in den derzeitigen politischen Kontext ein?

Ich kann mir vorstellen, dass die Seenotrettung gerade ein Sehnsuchtsort vieler Linker ist, weil sie das Symbol der letzten größeren antifaschistischen Mobilisierungen war, der ganzen Großdemos um die Jahre 2018-19 herum. Das Orange der Rettungswesten hat damals die ganzen Proteste von Seebrücke bis We’ll come united durchzogen. Und es waren auch andere Demonstrationen, auf denen das super präsent war. Ich erinnere mich, wie „Seenotrettung ist kein Verbrechen“ sogar am Rande der Kohlegruben im Rheinland von Ende Gelände und Fridays for Future skandiert wurde. Die Schiffe als antifaschistische Flotte gegen den Rechtspopulismus eines Salvini, gegen die AfD und den österreichischen Bundeskanzler Kurz und seine FPÖ-Koalition. Da hat sich über Jahre ein sehr symbolträchtiger Konflikt aufgeschaukelt. Aber diese ganze Bewegung an Land ist spätestens über die Corona-Pandemie eingeschlafen. Und seitdem tun wir uns schwer damit, Mobilisierungen auf die Beine zu stellen, Angriffspunkte und Hebel zu finden, mit denen wir irgendwie arbeiten können – mal abgesehen vielleicht von dem kleinen Silver Lining der neu erstarkenden Linkspartei. Bewegungstechnisch fühlt man sich ganz oft eher so ein bisschen allein auf hoher See. Und da kann ich mir ganz gut vorstellen, dass sich viele Leute ein bisschen nach dem Rettungsschiff sehnen, dem Rettungsschiff von 2019. Ich glaube aber, was die Aufmerksamkeit angeht, ist das eher so eine Bubble, die die Entwicklungen seit fünf oder zehn Jahren aktiv verfolgt. Gesamtgesellschaftlich ist da glaube ich eher große Flaute, wie bei vielen linken Themen.

Aktuell ist ein weiteres Buch mit dem – fragenden – Titel „Kein Land in Sicht?“ erschienen, im Papyrossa-Verlag. Der Untertitel unterscheidet sich von deinem, dort geht es um „Gaza zwischen Besatzung, Blockade und Krieg“. Inwiefern bezieht die zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer im Kontext des Gaza-Kriegs Stellung, oder auch zu den weiteren gewaltvollen Konfliktherden an den Rändern des Meeres? Oder auch: Wie müsste sie, oder wo tut sie es, wo tut sie es/kann sie es nicht?

Die Seenotrettung ist in Bezug auf den Gazakrieg ein Spiegel der linken Zivilgesellschaft: Sie hat vor allem im deutschsprachigen Raum viel zu lange gebraucht, um ins Sprechen zu kommen. Auch aus einer Angst vor internen Diskussionen und Debatten, die sich meines Erachtens im Nachhinein als etwas unbegründet herausgestellt hat. Natürlich gab es wahnsinnig zermürbende Diskussionen, etwa ob man den Begriff Genozid verwendet. Aber dieser große Clash zwischen bedingungslos proisraelischen Antideutschen und propalästinensischen Antiimps, der war meines Erachtens im Nachhinein eine große Chimäre: Alle hatten Angst davor, dieses Monstrum zu wecken. De facto war es dann aber so, dass sich – soweit ich das zumindest mitbekommen habe – alle grundsätzlich darüber einig waren, dass das ein völlig inakzeptabler Militäreinsatz ist, ein Massenmord, der so nicht stehen darf und dass es da ganz dringend Hilfslieferungen braucht. Man hätte da deutlich früher, schneller zu einem Konsens kommen können.

Ich schätze bei den Genoss:innen von Mediterranea in Italien sah das etwas anders aus, da ist die gesellschaftliche Linke ja grundsätzlich klarer positioniert zu Nahost. Das spanische Rettungsschiff Open Arms ist tatsächlich als erstes Schiff nach Gaza gefahren, um Hilfsgüter zu liefern. Die haben zweimal Mitarbeitende von World Central Kitchen und einen Haufen dringend benötigte Nahrungsmittel da angelandet, bevor die israelische Armee den zweiten Konvoi nach der Landung einfach weggebombt hat. Sieben Helfer:innen von World Central Kitchen sind dabei getötet worden.

Grundsätzlich bezieht die zivile Seenotrettung immer wieder Stellung; oft zu Libyen und Tunesien, weil das ihr direktes Einsatzgebiet betrifft. Aber auch zu anderen Gegenden, aus denen sich große Fluchtbewegungen entwickeln: Sudan, Äthiopien, Syrien. Dabei setzt sich die zivile Flotte allerdings von anderen Protestbündnissen oder Kampagnenorganisationen ab, weil sie eben nicht aus Deutschland über irgendwas weit entferntes, Abstraktes daherredet, ohne selber beteiligt zu sein. Sie bezieht ihre Stärke daraus, dass sie vor Ort ist und handelt und ganz konkret einen Unterschied im Leben von Menschen macht. Ganz in diesem Sinne hätte man, denke ich, gezielter und in einem größeren Maßstab in Gaza intervenieren können – wie Open Arms. Dann wäre auch das Sprechen leichter gefallen. Gleichzeitig hätte das allerdings auch bedeutet, dass man das zentrale Mittelmeer dann im Stich lässt. Die Rettungsschiffe werden dort nach wie vor gebraucht – vorausgesetzt, dass sie vor Ort sein können und nicht administrativ irgendwo festgesetzt sind oder mit einigen wenigen geretteten Menschen an der Küste Italiens bis nach Genua hochtuckern müssen. Ich hätte es persönlich für wichtig gehalten, dass sich in diesem deutschen Diskurs, der ja wirklich toxisch aus der Hölle ist, die humanitären Organisationen klar positionieren. Auf der anderen Seite kann ich auch nachvollziehen, dass Medienteams und Organisationen, die sowieso schon mit ihrer Arbeit unter enormen Druck von verschiedenen Staaten stehen, nicht auch noch dieses heiße Eisen anfassen wollten.

Den Frust über diesen Mangel an Positionierung habe dann auch selbst letztes Jahr miterlebt, als Einsatzleiter an Bord der Sea Watch 5. Da haben einige Aktivist:innen am Ende ein Transparent gemalt, das Gaza, Kongo und den Sudan thematisierte, und fast die gesamte Crew dahinter versammelt. Mit der Veröffentlichung dieses Bildes hat sich Sea-Watch dann zur ersten größeren Stellungnahme durchgerungen. Ich fand das eine sehr gute Aktion. Allerdings war es im Vorlauf wahnsinnig schwierig eine ausgeglichene Diskussion an Bord zu gewährleisten. Auch deshalb, weil eine relativ identitäre Pro-Palästina-Fraktion überall in der Organisation – die ich in dem Moment vertreten musste – das antideutsche Schreckgespenst gewittert hat. Ein etwas deplatzierter Konflikt, mitten in einem laufenden Rettungseinsatz.

Dein genaues Nachzeichnen einer spezifischen Form der Organisierung gegen das autoritäre und reaktionäre Erstarken in den meisten Ländern Europas hält ja vielleicht nochmal eine Antwort bereit: Wohin müssen wir die Segel setzen?

Hier möchte ich David Yambio, den Vorsitzenden von Refugees in Libya, der selbst durch Libyen aus dem Südsudan fliehen musste, der das libysche Gefängnissystem und die Mittelmeer-Überfahrt erlebt und überlebt hat, zu Wort kommen lassen. Im letzten Kapitel meines Buchs habe ich Kurzbeiträge von Aktivist:innen, Forschenden und Journalist:innen aus dem Umfeld der Seenotrettung versammelt, da ist auch ein Kommentar von ihm dabei. Sein Beitrag endet mit einer Aussage, die Essentielles für linkes Engagement gegen den Rechtsruck aufmacht. David Yambio beschreibt die Umstände, die ihn zur Flucht gezwungen haben, und die ökonomische Ausbeutung, die dahintersteht. Und dann sagt er, dass er eigentlich nicht gerne über Kolonialismus spricht. Kolonialismus sei so ein abstrakter Begriff, den er selbst manchmal so gar nicht richtig greifen könne. Wir sollten mehr über den Handel und die Beziehungen zu den afrikanischen Staaten reden, über das Wohlergehen dieser Länder. Das trifft für mich einen zentralen Punkt: Wir denunzieren gerne abstrakt die Komplexitäten der Welt; den Kapitalismus und den Kolonialismus und vielleicht auch ein bisschen den Genozid. Aber ohne zu diesen ganzen Problematiken konkrete, breit anschlussfähige Angebote zu entwickeln. Und genau das ist das Schöne an der Seenotrettung: Das ist so eine Hands-on-Aktivität. Man hilft ganz konkret Menschen. Das macht es so symbolstark – und so anschlussfähig. Und das hat es auch zeitweise so gefährlich für den Staat und das Grenzregime gemacht, dass dieser riesige Apparat an Kriminalisierung und an Einschränkungen dagegen in Stellung gebracht wurde. Wir sind, glaube ich, sehr gut beraten damit, mehr solche Hands-on-Wege der gegenseitigen Hilfe und Solidarität zu finden oder zu entwickeln, aus denen sich eine Kritik am großen Ganzen ableiten lässt. Anstatt von der Kritik am großen Ganzen, die mit großen, geschwollenen Worten daherkommt, zu versuchen, in das Leben der Menschen durchzudringen. Naomi Klein unterstreicht diesen Punkt in ihrem letzten Buch „Doppelgänger“, das ich gerade zu Ende gelesen habe, auch ganz prägnant aus der Organisierungs-Perspektive: „Solange wir in der Welt der Worte feststecken, werden uns die Gründe für eine Spaltung nie ausgehen.“

Chris Grodotzki 2025:
Kein Land in Sicht. Zehn Jahre zivile Seenotrettung im Mittelmeer.
Mandelbaum Verlag, Wien.
ISBN: 978399136-517-4.
296 Seiten. 20,00 Euro.
Zitathinweis: Johanna Bröse: Inseln des Überlebens. Erschienen in: Kein Mensch ist eine Insel – oder doch? 76/ 2025. URL: https://kritisch-lesen.de/s/97bFZ. Abgerufen am: 17. 07. 2025 11:21.

Zum Buch
Chris Grodotzki 2025:
Kein Land in Sicht. Zehn Jahre zivile Seenotrettung im Mittelmeer.
Mandelbaum Verlag, Wien.
ISBN: 978399136-517-4.
296 Seiten. 20,00 Euro.