Zum Inhalt springen

Mythos Markt

Buchcover mit dem Foto einer Weidelandschaft unter größtenteils blauem Himmel, davor drei ungleich große Seifenblasen. Über den Seifenblasen steht der Buchtitel.
Buchautor_innen
Walter Otto Ötsch
Buchtitel
Mythos Markt
Buchuntertitel
Marktradikale Propaganda und ökonomische Theorie

Ötsch zeigt, dass die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise auch eine Krise einer Denkweise ist.

Ob man dem Klappentext folgen mag, der Ötschs Mythos Markt als "Das Buch zu den theoretischen und ideologischen Grundlagen der Krise" verstehen möchte, sei dahingestellt. Dass die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise allerdings in der Tat auch die Krise einer Denkweise ist, ist sicherlich richtig: Der Glaube an den freien und ungehinderten Markt, der notwendig rationales Handeln fördere und ebenso notwendig effiziente Ergebnisse zeitige, hat sich als quasi-religiöse Ideologie ohne empirische Grundlage entpuppt. Dies macht das vorliegende Buch mehr als deutlich.

Ötschs Anspruch ist es, in einem großen Rundumschlag die historischen, politischen und pseudo-wissenschaftlichen Grundlagen der modernen Marktideologie zu analysieren. Er versteht den Begriff des Marktes als ein Propaganda-Schlagwort, dessen historische Ursprünge in naiven Wissenschaftsauffassungen des 19. Jahrhunderts zu finden sind und das sich als neoliberaler Kampfbegriff insbesondere in den System-Auseinandersetzungen des Kalten Krieges durchzusetzen vermochte. Trotz dieser hochgradig ideologisierten Wurzeln habe es der Markt in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, sich in der so genannten Neoklassik wissenschaftlich verbrämt als sachlicher und kohärenter Fachbegriff darzustellen.

Auf einem Großteil seiner 449 Seiten zeigt Ötsch gerade die mangelnde Kohärenz dieses vermeintlich wissenschaftlichen Begriffes auf: Der Markt entpuppt sich als Mythos, der auf fragwürdigen Grundannahmen und empirisch wertlosen Modellen beruht. Ein Mythos, der gleichwohl massiven Einfluss in wirtschafts- wie auch in gesellschaftspolitischen Debatten nehmen konnte und noch immer nimmt.

Ötsch ist eine umfassende Darstellung dieser Problematik gelungen, die auch für interessierte Nicht-Ökonomen verständlich ist. Der Lesefluss wird zwar an der einen oder anderen Stelle durch unnötige Wiederholungen und durch manch übertrieben ausführliche Darstellung gehemmt; ein reines Vergnügen ist die Lektüre nicht. Wer sich allerdings mit neoliberaler Marktgläubigkeit befassen möchte, wird an diesem Buch nicht vorbeikommen - und an inhaltlichen Kriterien gemessen, lohnt die Lektüre in jedem Fall.

**

Die Rezension erschien zuerst im März 2010 auf stattweb.de (Update: kritisch-lesen.de, dpb, 12/2010)

Walter Otto Ötsch 2009:
Mythos Markt. Marktradikale Propaganda und ökonomische Theorie.
Metropolis Verlag, Marburg.
ISBN: 978-3-89518-780-3.
452 Seiten. 29,80 Euro.
Zitathinweis: Patrick Schreiner: Mythos Markt. Erschienen in: . URL: https://kritisch-lesen.de/s/PZVJU. Abgerufen am: 30. 10. 2024 22:22.

Zur Rezension
Rezensiert von
Patrick Schreiner
Veröffentlicht am
01. März 2010
Eingeordnet in
Schlagwörter
Zum Buch
Walter Otto Ötsch 2009:
Mythos Markt. Marktradikale Propaganda und ökonomische Theorie.
Metropolis Verlag, Marburg.
ISBN: 978-3-89518-780-3.
452 Seiten. 29,80 Euro.