Die Welt aus der Sicht der Popmusik
- Buchautor_innen
- Ian F. Svenonius
- Buchtitel
- 22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband
Ian Svenonius, Ex-Frontmann und Stimme von „Nation of Ulyssses“, „Make Up“, „Weird War“ und heute als „Chain and the Gang“ auf Tour, hat nun auch ein unterhaltsames Buch über seine Erfahrungen in der Welt der Popmusik veröffentlicht.
Hier spricht also einer, der als linker Musiker und Aktivist die Fallstricke des Entertainments sehr gut kennt. Zunächst werden aber in einer gespenstischen Séance mit bereits verstorbenen Musikerinnen und Musikern diese in höchst aufschlussreichen Interviews befragt, darunter Brian Jones, Richard Berry (der Komponist von „Louie Louie“), Mary Wells, Buddy Holly, Jimi Hendrix. Man erfährt hier zuerst, wie wichtig das Bandfoto ist – so bedeutend, dass selbst Politiker es versuchen nachzuahmen. Obama in Lederjacke und mit Sonnenbrille, Clinton mit Saxophon, und als Krone der Schöpfung: Bush mit Fliegeroverall à la Bowie, Helm in der Hand, das Gemächt angeschwollen – ganz fraglos eine Kuriosität aus dem All, welche auf dem Flugzeugträger das erfolgreiche Ende des Irakkriegs bekanntgibt.
Den weiteren Verlauf einer erfolgreichen Rocklegenden-Schöpfung an der G. W. Bush-Administration durchgespielt: Cheney, keine angenehme Erscheinung, aber ein berüchtigter Kontrollfreak, wäre der Leadgitarrist. Teamplayerin Rice würde auch am Bass eine gute Figur abgeben und Rumsfeld ist der klassische Schlagzeuger, ein größenwahnsinniger Schaumschläger, der innerlich vor Ressentiments kocht, weil ihn niemand ernst nimmt. Jetzt muss aber schnell ein passender Name für die Band gefunden werden. Gar nicht so einfach in Zeiten des Internet, denn es gibt bereits über 600.000 registrierte Bands auf diversen Websites. Um also Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, gilt es umsichtig vorzugehen. Ist dies erledigt, wird es wichtig, die Band sorgsam zusammen zu stellen. Die Auswahl unter astrologischen Gesichtspunkten zu treffen, kann sich hier als hilfreich erweisen: Vier Löwen in einer Gruppe, das kann nicht gut gehen. Ist dieser Prozess aber erfolgreich abgeschlossen, muss endlich ein Übungsraum gefunden werden – er darf ruhig vermodert riechen, und Ungeziefer ist durchaus hilfreich auf dem Weg in die Charts. Es gilt, ein Studio zu finden, einen Produzenten, eine Firma, welche den Tonträger zu veröffentlichen beabsichtigt, und schließlich wird man einen Tour-Bus benötigen und lernen müssen, ihn ordentlich zu beladen. Keine Sorge, die Lektüre dieses Standardwerkes wird die Leserin in die Lage versetzen, auch diese Klippen trickreich zu umschiffen.
Natürlich ist nicht alles in diesem Buch bierernst zu nehmen. Der Autor hält auch nicht mit seinen bekannten, verschwörungstheoretischen Ansichten hinter dem Berg, dass zum Beispiel die CIA in der Nachkriegszeit den abstrakten Expressionismus und bekannte Intellektuellenzeitschriften wie „Paris Review“ und das Magazin „Encounter“ finanziert hätte – und zwar, um zu beweisen, dass die amerikanische Kultur dem europäischen Surrealismus, Dada sowie dem sozialistischen Realismus haushoch überlegen sei. Der Rock’n’Roll sei eine Erfindung aus den USA gewesen, um dem Kommunismus potentielle Anhänger abzuschöpfen – als Kanalisation aufmüpfiger Jugend. Das letzte Kapitel enthält entsprechend eine Abschlusserklärung des Amts der Post-Physischen Rock‘n’Roll-Arbeiter, welche mit der Parole der Punkband „The Weirdos“ schließt: Zerstört alle Musik!
22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband.
Metrolit, Berlin.
ISBN: 978-3-8493-0091-3.
319 Seiten. 18,00 Euro.