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Notizen aus der Redaktion

Kleiner Augenschmaus

Neben Bauchnabelpiercings, DJ Bobo und Seidentuchmalerei sind 3-D-Bilderbücher eine der vielen Merkwürdigkeiten, die die 1990er Jahre hervorgebracht haben. Menschen, die mit starrem Blick ihre Nase in Ansichtsexemplare versenkten, die Titel wie „Magic Eye“ oder „Phantastische Illusionen“ trugen, gehörten damals zum Inventar der Buchhandlungen. So auch ich. Leider zähle ich zu den Personen, denen dabei nie ein triumphierendes „Aha, ein Elefant!“ entwich. Für mich sind psychedelische Farbkringel und bunte Schlangenlinien immer Kringel und Linien geblieben. Ich war wohl eher der Batik-T-Shirt-Typ (eine weitere Merkwürdigkeit). Umso entzückter war ich, als ich erstmalig die „Optischen Enttäuschungen“ des Hallenser Designer-Duos Willy Dumaz und Ingo Hofmeister in der Auslage der Buchhandlung meines Vertrauens erspähte. Hier ist für jeden ein glänzendes Misserfolgs-Erlebnis dabei! Lustig dahingekrakelter Nonsens inklusive entsprechender Lektüreanweisungen („Riechen Sie an dem Papier. Es riecht nach Papier!“) zaubern ein Lächeln auf das Gesicht aller von Alltag und permanenter Sinnsuche ermüdeter Menschen. Das Ganze handlich, dezent und unschlagbar günstig im pappeingebundenen Westentaschenformat. Umwelt und Geldbeutel danken! „Optische Enttäuschungen“ sind die Faust aufs Auge des Deutungsdrangs und guten Geschmacks und machen einfach Spaß. Offensichtlich nicht nur mir, denn neben den mittlerweile als Reihe erschienenen „Enttäuschungen“ sind brandneu außerdem die „Verbluffenden Verfindungen“ von Dumaz und Hofmeister erschienen – wie gewohnt versehen mit einem Warnhinweis von Willys Mutter: „Dieses Buch enthält viele patente Patente, die oft NUR AUF DEN ERSTEN BLICK zu einer Anmeldung taugen.“ Infos gibt es hier. (S. B.)

EU-Kritik mit links

Z - Zeitschrift marxistische Erneuerung Nr. 104, Dezember 2015: Griechenland, EU und die Linke. 226 S., 10 Euro.

Spätestens als sich im Sommer vergangenen Jahres die griechische Linkspartei SYRIZA dem von Deutschland diktierten Sparprogramm unterwarf, entbrannte in der europäischen Linken eine heftige Diskussion. Den Ausstieg aus der EU und dem Euro forderten die Einen; ein Europa von unten, vielleicht sogar im Rahmen der bestehenden Institutionen, die Anderen. Der aktuelle Schwerpunkt der Z, der Zeitschrift für marxistische Erneuerung, knüpft an die Diskussion an. Beleuchtet werden etwa SYRIZAs Strategie während der Verhandlungen, die Potenziale möglicher europaweiter Protestbewegungen und die Frage, ob sich ein Grexit für weite Teile der griechischen Bevölkerung überhaupt lohnen würde. Aus den rundum lesenswerten Beiträgen sticht einer heraus: Nico Biver zeigt detailliert auf, wie sich die soziale Basis der linken Parteien fundamental geändert hat. So entwickelte sich SYRIZA binnen weniger Jahre von einer Intellektuellen- zu einer Volkspartei. Das Problem: Der Partei fehle es an der gesellschaftlichen Verankerung, was sich in der vergleichsweise geringen Mitgliederzahl ausdrücke. Auch ein Blick auf die Beiträge außerhalb des Schwerpunkts lohnt sich. So überzeugen insbesondere die Artikel von Gerd Wiegel und John Lütten. Ersterer befasst sich mit der AfD, letzterer mit dem Zusammenhang von Struktur, Handlung und Herrschaft. Lütten argumentiert überzeugend für einen Marxismus, der Klassenverhältnisse ins Zentrum von Analyse und Praxis stellt. (S. F.)

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Von
Redaktion
Veröffentlicht am
05. April 2016
Erschienen in
Ausgabe 39, „Linke EU- und Europakritik” vom 05. April 2016